Es ist der letzte wichtige Schritt auf dem Weg zum Zahlungsabwickler: Der Onlinehändler Otto Group hat für seinen geplanten Dienst Otto Payments von der Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin nach anderthalb Jahren Prüfung die „nötige Lizenz für die Erbringung von Payment-Dienstleistungen“ erhalten, wie die Hamburger bekanntgaben.
Damit könne Otto Payments ab sofort Händlern und Marktplatzpartnern unterschiedliche Zahlungsmöglichkeiten aus einer Hand anbieten und sei insbesondere beim Rechnungs- und Ratenkauf nicht mehr auf externe Dienstleister angewiesen, teilt das Unternehmen mit.
Bafin-Lizenz: Was Otto jetzt vor hat
Der Aufbau der hauseigenen Zahlungsabwicklung bei der Otto Group ist auch eine Reaktion auf den Niedergang des Zahlungsdienstleister Wirecard und hat für das Unternehmen eine enorme strategische Bedeutung. Der Onlinehändler hat sich bereits vor einiger Zeit für Drittanbieter geöffnet, die ihre Waren auf der Plattform des Unternehmensanbieten können. Damit eifern die Hamburger dem Vorbild des US-Giganten Amazon nach.
Die Abwicklung der Zahlungen haben bislang verschiedene externe Dienstleister übernommen, von denen Otto sich nun unabhängig machen kann. Kundenzahlungen müssen keine Umwege mehr über externe Dienstleister machen, wodurch Gebühren entfallen. Diese kann Otto wiederum als Marge einstreichen. Kunden sollen im Gegenzug unabhängig vom Verkäufer einen besseren Überblick über alle Rechnungen, Raten und Retouren erhalten.
DerTreasurer-Themenseiten
Payments: Otto will alle Kunden umstellen
Nun beginnt Otto Payments von Juli 2022 an den einheitlichen Check-out vorzubereiten – „auch wenn in einer Bestellung bei mehreren Partnern und/oder Otto bestellt wurde“, wie es heißt. Ab 2023 soll der gesamte Umsatz von Otto und dem Markplatz komplett über Ottos Payment-Gesellschaft abgewickelt werden, so der Plan.
Hans Georg Spliethoff, Geschäftsführer Marktfolge von Otto Payments, erklärt: „Wir planen, dass wir bis spätestens Ende 2023 alle elf Millionen Kundenkonten umgestellt haben.“ Dafür sucht die Gesellschaft weiter nach Fachkräften, noch seien rund 50 Stellen zu besetzen. Insgesamt soll die Payment-Gesellschaft etwa 150 Mitarbeiter haben.
Mittelfristig möchte Otto Payments auch als Dienstleister für weitere Otto-Group-Unternehmen tätig sein. Den Service externen Onlinehändlern anzubieten, sei aber nicht geplant.
Auch Rewe baut eigenen Zahlungsabwickler
Otto bewegt sich in diesem Punkt somit in eine andere Richtung wie der Handels- und Touristikkonzern Rewe, der mit „Paymenttools“ eine Bezahlplattform aufgebaut hat. „Schon jetzt ist die Rewe Group mit jährlich rund einer Milliarde Payment-Transaktionen einer der größten Girocard-Netzbetreiber in Deutschland“, sagte Paymenttools-Geschäftsführer Salah Zayakh im Februar gegenüber DerTreasurer. Daher sei es nur konsequent, weitere Bezahlvorgänge bei Rewe zu bündeln und diese auch anderen zur Verfügung zu stellen. „Wir haben die Möglichkeit, im Markt bedeutend mitzuspielen.“
Der Aufbau eines eigenen Zahlungsabwicklers ist vor allem für Konzerne interessant, die viele kleine Transaktionen haben, da sonst die nötigen Skaleneffekte nicht erzielt werden können. Daher sind Branchen wie Versicherungen, Tourismus oder der Einzelhandel besonders geeignet für den Aufbau eines eigenen Payment-Dienstleisters.
Jakob Eich ist Redakteur der Fachzeitungen FINANCE und DerTreasurer des Fachverlags F.A.Z Business Media, bei dem er auch sein Volontariat absolviert hat. Der gebürtige Schleswig-Holsteiner ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury.