Künstliche Intelligenz kann das Corporate Treasury bei Hedging-Entscheidungen unterstützen – aber nur mit KI geht es auch nicht. So weit waren sich die Teilnehmer der kontrovers geführten Diskussion im Rahmen der „Structured FINANCE Digital Week“ einig. Christian Held, ehemaliger Treasury-Chef bei Bayer, EY-Treasury-Experte Carsten Jäkel und Yvonne Hofstetter, KI-Expertin und Chefin des Fintechs Hedge 21, debattierten über Chancen, Hürden und Limitierungen beim Einsatz von KI im Hedging.
Christian Held verwies zunächst darauf, dass solche Modelle nicht neu sind: „Neuronale Netze gab es schon vor zwanzig Jahre im Kontext von Versuchen, Kursprognosen für Wechselkurse zu erstellen.“ Dass solche Modelle bei Corporates im Währungsmanagement nie richtig verfingen, führt Held unter anderem darauf zurück, dass diese Ansätze nach fundamentalen Änderungen der Marktstrukturen – etwa durch eine Krise oder das Eingreifen von Zentralbanken – nicht mehr funktionierten.
Das bestätigt auch Yvonne Hofstetter, die seit langem im Bereich KI forscht und publiziert. Sie meint deshalb: „KI allein ist nicht geeignet dafür, Entscheidungsempfehlung darüber zu geben, wann und in welchem Umfang ein Unternehmen ein FX-Exposure hedgen sollte.“ KI könne aber ein Instrument in einem Werkzeugkasten aus vielen mathematischen Techniken sein, um eine Maschine zu bauen, die „Entscheidungsunterstützung in einem unsicheren Umfeld“ geben kann.
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Warum Treasurer skeptisch gegenüber KI sind
Die technische Komplexität des Themas ist aus Sicht von Carsten Jäkel, Partner bei EY, einer der Gründe, weshalb Treasurer zurückhaltend auf den Einsatz von KI reagieren: „Es gibt eine abwehrende Haltung aufgrund des Nicht-Verstehens.“ Das Gefühl, einer Maschine ausgeliefert zu sein, für deren Ergebnisse man am Ende verantwortlich ist, löse Unbehagen aus, so Jäkel.
Ex-Bayer-Treasurer Held entgegnet dem: „Verantwortung ist manchmal auch eine Bürde.“ Er erinnerte an die Monsanto-Übernahme, als er mit seinem Team einen milliardenschweren US-Dollar-Betrag sichern musste: „In einem solchen Prozess ist jede Unterstützung hilfreich.“
Weder Held noch Jäkel glauben, dass der Einsatz von KI Mitarbeiter überflüssig machen wird. „Das Anforderungsprofil im Devisenbereich hat sich komplett gewandelt“, meint Held. Operative Ausgaben wie etwa Unterstützung des Vertriebs bei der Preisfindung würden wichtiger.
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Unter welchen Umständen eignet sich der Einsatz von KI im Währungsmanagement ganz konkret? Worauf kommt es aus Sicht der Diskutanten bei der Implementierung solcher Ansätze an? Hier geht es zum Videomitschnitt der Diskussion.